Am 7. August 2025 hat OpenAI ChatGPT-5 veröffentlicht – die jüngste Generation der KI-basierten Sprachmodelle. Sie bringt spürbare Änderungen mit sich: ChatGPT-5 wählt nun eigenständig das passende Teilmodell für eine Anfrage aus, bietet zusätzliche Modi für vertiefte Analysen und liefert präzisere, stärker anwendungsorientierte Ergebnisse.
Damit entfällt allerdings die Möglichkeit, selbst zwischen verschiedenen Modellen zu wählen. Hinzu kommt: Viele Nutzerinnen und Nutzer empfinden den Stil der Antworten als ungewohnt formell.
In diesem Beitrag ordnen wir die Neuerungen für Sie ein:
Was genau hat sich verändert? Wie gut performt GPT-5 gegenüber anderen Modellen? Wie lassen sich die Funktionen von GPT-5 sinnvoll einsetzen? Welche Anpassungen in der Nutzung sind hilfreich und wie formulieren Sie Prompts (also Anfragen an die KI) so, dass das Modell optimal arbeitet?
Was ist neu bei ChatGPT-5?
Die große Veränderung: Das vereinheitlichte Routing-System
Die wichtigste Neuerung von ChatGPT-5 ist das vereinheitlichte System.
Bis zur Einführung von ChatGPT-5 konnten Nutzerinnen und Nutzer im Chat selbst auswählen, mit welchem Modell sie arbeiten wollten. In der Benutzeroberfläche gab es dazu eine kleine Dropdown-Liste oder ein Menü, in dem Sie zwischen GPT-3.5, GPT-4o oder spezialisierten Reasoning-Varianten wählen konnten. Die Wahl des passenden Modells lag also beim Nutzer. Für einfache Anfragen reichte häufig ein leichteres Modell, während bei anspruchsvolleren Aufgaben die leistungsfähigeren Varianten manuell ausgewählt werden mussten.

Neu ist mit GPT-5 nun also, dass Sie nicht mehr manuell zwischen verschiedenen Modellen wählen müssen bzw. dürfen. Das System entscheidet automatisch, ob es schnell antworten oder länger „nachdenken“ soll, je nach Komplexität Ihrer Anfrage. Diese Automatisierung soll die Nutzung einfacher und effizienter machen. Gleichzeitig entsteht jedoch weniger Transparenz darüber, welches Modell konkret im Einsatz ist.
Stimmt es, dass sich nur das Routing geändert hat?
Die Neuerungen in ChatGPT-5 beschränken sich nicht allein auf das vereinheitlichte Routing. Die grundlegende Architektur funktioniert tatsächlich über ein intelligentes Router-System, das Ihre Anfrage analysiert und an das passende Untermodell weiterleitet. Intern verfügt GPT-5 über verschiedene Modellgrößen: von besonders leistungsfähigen Varianten bis hin zu kleineren Versionen, die weniger Rechenressourcen benötigen.
Allerdings ist dieses Routing noch nicht in allen Fällen optimal. Es kann vorkommen, dass während eines Gesprächs zwischen unterschiedlichen Modellvarianten gewechselt wird. Das führt mitunter zu inkonsistenten Ergebnissen – beispielsweise zu Antworten, die stilistisch oder inhaltlich nicht vollständig zusammenpassen.
Benchmark-Test: Wie gut performt GPT-5 im Vergleich?
Unabhängige Tests aus Juli und August 2025 zeigen, dass GPT-5 je nach Einsatzgebiet unterschiedlich stark abschneidet. Besonders bei Programmieraufgaben und beim Umgang mit sehr langen Texten erzielt das Modell gut werte: Es löst komplexe Probleme zuverlässig und kann umfangreiche Dokumente konsistent zusammenfassen oder analysieren.

Schwächen zeigen sich dagegen bei streng strukturierten Reasoning-Aufgaben. Das sind Aufgaben, die eine präzise, nachvollziehbare Schritt-für-Schritt-Argumentation erfordern, etwa das systematische Lösen einer logischen Beweisaufgabe. Auch in Szenarien, die Echtzeit-Webzugriff voraussetzen, erreichen andere Modelle wie Claude oder DeepSeek zum Teil bessere Ergebnisse.
Bei kreativen Schreibaufgaben liefert GPT-5 solide Ergebnisse: In Tests zur kreativen Erzählkunst zeigte es technisch versierte Prosa mit stimmungsvollen Bildern. Jedoch lohnt sich auch hier ein Blick auf die großen Konkurrenten.
Gut zu wissen: Benchmark-Ergebnisse entstehen in standardisierten Tests, die klar abgegrenzte Fähigkeiten messen. Sie geben wertvolle Hinweise auf Stärken und Schwächen, lassen sich aber nicht eins zu eins auf den Alltag übertragen.
Deep-Dive: Benchmark-Tests zum weiterlesen
Gerade für den Praxiseinsatz sind neben der reinen Punktzahl in Benchmarks weitere Faktoren entscheidend: Wie schnell reagiert ein Modell, wie verlässlich ist es in wiederholten Tests, wie hoch sind die Nutzungskosten und wie lassen sich Datenschutz- und Compliance-Fragen klären? Wer ein Modell in der Praxis nutzen möchte, sollte deshalb vorab eigene A/B-Tests machen.
Wichtig bleibt zudem die zeitliche Einordnung: Benchmarks altern schnell, da neue Modelle laufend erscheinen.
Warum waren viele Nutzende zunächst enttäuscht von GPT 5?
Kurz nach der Umstellung auf die neue Version von Chat GPT äußerten sich viele Nutzer:innen in den Sozialen Medien enttäuscht. Einige sprachen gar davon, mit GPT 4o einen „guten Freund“ verloren zu haben.

Nutzende empfinden das neue Modell als effizient, aber uninspirierend. Besonders für Aufgaben wie Brainstorming oder kreative Textentwicklung wirkte GPT-5 auf manche Anwender:innen mechanischer. Hinzu kamen strengere Nutzungs- und Prompt-Limits für zahlende Kunden. Diese Faktoren trugen dazu bei, dass die Umstellung teils als Rückschritt empfunden wurde
Gut zu wissen: OpenAI reagierte auf die Kritik und stellte GPT-4o wieder als Standardmodell bereit. Parallel wurde die Möglichkeit geschaffen, in den Einstellungen der kostenpflichtigen Version manuell zwischen verschiedenen Modellen zu wählen: Wer das kostenpflichte Modell nutzt, kann unter Einstellungen -> Allgemein „Show additional models“ die Funktion zur manuellen Auswahl wieder aktivieren. Wie lange es diese Funktion geben wird, ist unklar. Für Nutzende der kostenfreien Variante besteht diese Möglichkeit nicht.
Persönlichkeit und Funktionalität von GPT5 werden überarbeitet
Im Zuge der Kritik an der vergleichsweise kühlen Tonalität von GPT-5 hat OpenAI angekündigt, die Modell-Persönlichkeit zu überarbeiten. CEO Sam Altman schrieb auf X, das Team arbeite an einem Update, das GPT-5 wärmer erscheinen lassen soll, ohne die als aufdringlich oder übertrieben empfundenen Züge von GPT-4o zu übernehmen.
Parallel stellte das Unternehmen sogenannte Connectors vor, mit denen ChatGPT auf Apps wie Box, Canva, Dropbox, HubSpot, Notion, Microsoft SharePoint und Microsoft Teams zugreifen kann; Pro-Nutzende erhalten zusätzlich Zugriff auf GitHub. Die Connectors sind zunächst in einer Beta-Phase und lassen sich über die Einstellungen aktivieren.
Der Rollout der neuen Funktionen erfolgt gestaffelt. OpenAI aktualisiert die Release-Notes fortlaufend, daher lohnt sich vor dem produktiven Einsatz ein Blick in die offizielle Dokumentation.
Für Unternehmen bedeutet das: Technisch eröffnen Connectors die Möglichkeit, Daten aus unterschiedlichen Anwendungen direkt in ChatGPT zu nutzen. Gleichzeitig bleiben Datenschutz und Compliance zentrale Fragen; Verantwortliche sollten Data-Processing-Agreements prüfen, eine Datenschutz-Folgenabschätzung erwägen und genau spezifizieren, welche Daten über welche Verbindung verarbeitet werden.
Prompt-Engineering für GPT-5: Wie Sie das System kontrollieren
GPT-5 reagiert besonders gut auf klare, präzise Anweisungen. Wer das Modell nicht nur schnell, sondern auch gründlich arbeiten lassen möchte, kann es mit bestimmten Techniken dazu bringen, ausführlicher und nachvollziehbarer zu antworten. „Nachdenken“ im menschlichen Sinne kann die KI zwar nicht – doch durch geschicktes Prompt-Design lässt sich ein Prozess simulieren, der deutlich mehr Tiefe erzeugt.
- Rolle + Prozess vorgeben (System-/Eingangsaufforderung): Geben Sie dem Modell eine klare Arbeitsanweisung: welche Schritte es durchlaufen soll und in welcher Form das Ergebnis kommen soll. Legen Sie im Prompt die Rolle fest (z. B. „Du agierst als Finanzanalyst“ oder „Du bewertest Texte wie eine Redakteurin“) und definieren Sie Ziel, Kontext und gewünschtes Ergebnis.
Beispiel:
„Du bist ein gründlicher Analyst. Bevor Du die finale Antwort gibst, recherchiere Gründlich zur Frage […] und nutze dafür Quellen aus dem Jahr […]. Gib eine Gliederung in 4 Schritten, bearbeite jeden Schritt nacheinander ausführlich und schließe mit einer knappen Zusammenfassung und einer Liste offener Unsicherheiten.„
- Auch die Struktur der Aufgabe hilft: Teilen Sie komplexe Fragen in einzelne Schritte auf (zuerst Gliederung, dann Ausarbeitung) und geben Sie Beispiele/Formatvorgaben mit (z. B. Überschriftenstruktur, Tabellen, maximale Länge). So versteht das Modell Stil und Ausgabeform besser und reproduzierbar. Außerdem lohnt es sich, das Modell um eine kurze Erklärung des Denkprozesses zu bitten, bevor es antwortet, so lassen sich Antworten besser nachvollziehen. Zudem können Sie Umfang, Ton und Tiefe vorgeben (kurz vs. detailliert).
„Du bist ein gründlicher Analyst. Schritt 1: Liste kurz (max. 5) Annahmen. Schritt 2: Gib eine 4-Punkte-Gliederung. Schritt 3: Bearbeite Punkt 1 ausführlich, dann Punkt 2 usw. Schritt 4: Fasse am Ende in 3 Sätzen zusammen und nenne 3 Unsicherheiten. Arbeite jetzt.„
- Iteration und Varianten erhöhen die Qualität: Wer mehrere Lösungsvorschläge in einem Durchgang anfordert und das Modell diese anschließend selbst vergleichen lässt, erhält meist differenziertere Antworten. Solche Verfahren kommen einer Art „Selbstkontrolle“ nahe.
Gut zu wissen: Für Entwickler hat Open AI einen eigenen Leitfaden zum Umgang mit GPT 5 herausgegeben
So schreiben Sie Prompts für GPT-5
Um auch mit GPT-5 passende Ergebnisse zu erhalten, können Sie diese Prompts ausprobieren:
„Du bist ein erfahrener, warmherziger Berater mit kreativer Denkweise. Antworte ausführlich, nuanciert und mit den folgenden Persönlichkeitseigenschaften: [XY…]. Vermeide übermäßige Disclaimer und sei mutig bei innovativen Ideen. Ziel: eine detaillierte, praxisnahe Antwort mit mindestens XXX Wörtern.“
Für kreative Aufgaben: Bei kreativen Aufgaben können zusätzliche Beispiele oder spezifische Anweisungen hilfreich sein
„Sei kreativ. Stelle Dir vor, Du bist ein erfahrener Innovationscoach. Ich brauche eine Brainstorming-Liste mit 10 unkonventionellen Ideen für [Thema einsetzen]. Jede Idee soll kurz beschrieben werden, einen potenziellen Vorteil haben und eine kurze Einschätzung, wie realistisch sie umsetzbar ist. Sei mutig, experimentierfreudig und zeige Persönlichkeit.„
Spezifische Modelle gezielt ansprechen
Für Thinking-Modus: Für tiefgehende Analysen und komplexe Problemlösungen. Aktivierung durch Formulierungen wie:
- „Verwende gründliches Reasoning für diese Aufgabe…“
- „Denke Schritt für Schritt durch alle Aspekte…“
- „Analysiere systematisch und tiefgreifend…“
Für Fast-Modus: Für schnelle, direkte Antworten ohne ausführliche Erklärungen. Aktivierung durch Formulierungen wie:
- „Gib mir eine schnelle, direkte Antwort…“
- „Ohne lange Erklärungen, nur die Kernpunkte…“
- „Kurz und bündig: …“
Weitere Tipps und Beispiele zum Thema Prompting erhalten Sie im Artikel „So schreiben Sie perfekte Prompts für ChatGPT & Co.“
Kritische Gesamteinschätzung
ChatGPT 5 stellt keinen radikalen Umbruch dar, sondern eine schrittweise Weiterentwicklung mit Stärken und Schwächen. Technologisch eröffnet das System neue Möglichkeiten wie etwa präzisere Analysen und automatisierte Modellwahl. Gleichzeitig haben viele Unternehmen Anpassungen in der Benutzerführung als nachteilig erlebt.
Für kleine und mittlere Unternehmen gilt: Beginnen Sie mit klar definierten Anwendungsfällen und prüfen Sie die Ergebnisse sorgfältig. Setzen Sie ChatGPT-5 dort ein, wo strukturierte Analysen, Datenaufbereitung oder Prozessunterstützung gefragt sind. Für kreative oder kommunikative Aufgaben kann es sinnvoll sein, weiterhin alternative Modelle einzubeziehen.
Das neue System ist ein Werkzeug, kein Wundermittel – und wie bei jedem Werkzeug entscheidet die sachkundige Anwendung über den Erfolg. Unternehmen, die frühzeitig Erfahrungen sammeln, verschaffen sich einen Vorsprung, sollten jedoch stets Chancen und Grenzen gleichermaßen im Blick behalten.
Quellen:
Benchmark-Tests: