Es ist wieder die Zeit für die großen Ausblicke: Was erwartet uns in 2022? Wenn uns aber das letzte Jahr etwas gelehrt hat, dann die Tatsache, dass die Prognosen von heute schnell Schnee von gestern sind. Auch das Jahr, das vor uns liegt, wird wieder einige Überraschungen für uns bereithalten. Es liegen kleinere und größere Turbulenzen vor uns und Unternehmen müssen sich heute schon darauf einstellen, dass eine Planung herausfordernd wird. Die heutige Zeit setzt voraus, dass Entscheider:innen agil auf Disruptionen reagieren – egal ob sie von Naturkatastrophen oder Social Media Trends ausgelöst werden. Technologie und Künstliche Intelligenz können uns dabei unterstützen, dem Wandel in der Geschwindigkeit zu begegnen, der ihm gerecht wird.
Wenn Lieferketten aus den Fugen geraten
Nehmen wir als Beispiel die großen Störungen der Lieferketten im vergangenen Jahr: Niemand hat vorhergesehen, dass ein globale Pandemie die gut geölte globale Supply Chain aus den Fugen wirft und sich darüber hinaus ein Tanker im Suezkanal querstellt. Die Chancen dafür lassen vermutlich jeden Lottogewinn blass aussehen. Für die Supply-Chain-Welt war diese Störung eine Zäsur. Es zeigt, dass das Prinzip “Just-In-Time” (eine Produktion, die ohne Lagerhaltung auskommt) überdachten werden muss. Die Lieferkette ist für 65 bis 80 Prozent der Gewinn- und Verlustrechnung eines Unternehmens verantwortlich. “Just-in-time” galt bis jetzt als vorherrschendes Prinzip, um Kosten zu senken. Die Pandemie hat diese Methode an seine Grenzen gebracht.
Die Lösung liegt in der Nutzung von Daten. Heutzutage ist es auf der Grundlage von Künstlicher Intelligenz und komplexen Modellen möglich, genau zu berechnen, welche Auswirkungen eine Entscheidung auf das gesamte Unternehmensgefüge inklusive Lieferkette haben kann. Fehlt zum Beispiel eine Komponente im Transportwesen, wie Container, die aktuell Mangelware sind, kann ein Unternehmen durch Echtzeit-Datenanalysen feststellen, welche Konsequenzen dies hat. Kann ein Endkunde rechtzeitig mit seiner Lieferung rechnen? Muss eine Fabrik für einen gewissen Zeitraum auf halber Kapazität produzieren, weil ein Bauteil fehlt? Werden eventuell kurzfristig weniger Mitarbeitende benötigt, um Waren zu sortieren? Software ist heute in der Lage, zu berechnen, welche Implikationen solche Szenarien auf jeden Unternehmensbereich haben. Auf dieser Datenbasis können Führungskräfte fundierte Entscheidungen treffen.
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Wenn also das nächste Mal ein querstehendes Schiff einen Transportweg versperrt, können Supply-Chain-Manager:innen mit Modellierungs-Software verschiedene Szenarien berechnen. Lohnt es sich, auf den Luftweg auszuweichen, andere Häfen zu nutzen als geplant oder Auftragsänderungen an Partner und Lieferanten weiterzugeben? Dank KI-gestützter Software, die in Echtzeit den Überblick behält, kann so eine Entscheidung getroffen werden, während andere noch mutmaßen müssen, was das beste Vorgehen ist.
Kurzfristige Hypes richtig einordnen und Verluste vermeiden
Ein anderes Beispiel, das sich nicht auf Corona bezieht, ist die dynamische Nachfrage durch Social Media. Denn ja, irgendwann wird die Pandemie vorbei sein, aber neue Social-Media-Plattformen werden bleiben. Für alle Hersteller von physischen Produkten stellt sich die Frage: Was ist zu tun, wenn ein Artikel plötzlich viral geht? Der ein oder andere wird sich noch an Fidget-Spinner erinnern (kleine Spielzeuge, die gerade für nervöse Hände eine Beschäftigung darstellen). Die Spielzeuge waren für sehr kurze Zeit unheimlich gefragt. Apps wie TikTok können so eine Nachfrage befeuern und in kürzester Zeit Lager leeren. Für einen Hersteller entsteht hier eine Ungewissheit: Handelt es sich um eine “künstliche” Nachfragespitze oder ist es ein langfristiger Trend? Um sich von dem sehr spitzen Beispiel zu entfernen: Die Unterversorgung mit Masken oder Testkapazitäten zu Beginn der Pandemie zeigen, dass solche Spitzen auch in der B2B-Welt entstehen können.
Planung mit “Demand Sensing”
Wie können Unternehmer sich nun also vorbereiten? Eine Lösung ist das sogenannte “Demand Sensing” (Bedarfserfassung): Intelligente Software untersucht dafür Social Media nach Produkterwähnungen. Sie analysiert, ob es sich um eine kurzfristige Veränderung in der Verbraucherstimmung handelt und kann die bevorstehende Nachfrage vorhersehen. Das ist deshalb vorteilhaft, da die Verlockung in einer Nachfragespitze natürlich groß ist, seine Lager massiv aufzufüllen. Schließlich besteht zunächst die Erwartung, dass der Trend sich fortsetzt. Im schlimmsten Fall ist der Hype aber längst vorüber, wenn die Ware eintrifft und die Lager gefüllt sind. Man bleibt auf seiner Ware sitzen. Demand Sensing kann also dabei helfen, Bestände klug aufzubauen und flexibel auf eine dynamische Veränderung in der Nachfrage zu reagieren.
Fazit: Agilität ist die Antwort – Technologie die Lösung
Die beiden Beispiele aus der Welt der Supply Chain und aus dem Retail-Geschäft zeigen es: Agile Unternehmen haben die besten Chancen, sich in einer sich rapide verändernden Welt zu behaupten. Die Zeiten sind vorbei, in der Jahrespläne aufgestellt wurden, in der Erwartung, dass alles so bleibt wie es ist. Wer Technologie clever einsetzt, um seine Planung zu flexibilisieren, minimiert damit auch seine unternehmerischen Risiken. Software und KI sind der Schlüssel, um auch in kürzeren Zyklen zu planen und auf Veränderungen zu reagieren. Denn eines ist sicher: auch in Zukunft leben wir in spannenden Zeiten.
Der Autor
Heiko Jahn ist Regional Vice President & Country Leader bei Anaplan, die digitale Plattform für vernetzte Unternehmensplanung (“Connected Planning”), Geschäftsanalytik und Forecasting. Die auf verschiedenste Anwendungen individualisierbare Plattform ermöglicht es Unternehmen jeder Größe, komplexe Szenarien in Echtzeit zu analysieren und deren Implikationen auf das gesamte Unternehmen vorherzusagen. Vor seiner Anstellung bei Anaplan war Heiko Jahn für SaaS-Unternehmen wie Oracle, Workday oder IBM tätig