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Experteninterview: Die Zukunft Künstlicher Intelligenz im Gesundheitssektor und im Mittelstand

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Für Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser und die medizinische Forschung kann Künstliche Intelligenz (KI) vieles erleichtern und beschleunigen. Benjamin Bergner, KI-Trainer von _Gemeinsam digital, erklärt im Interview, wo die Zukunft liegt und unter welchen Voraussetzungen KI auch für den Mittelstand nützlich ist.

Benjamin, was ist Künstliche Intelligenz?

Benjamin Bergner: Künstliche Intelligenz kann man aus vielen Blickwinkeln definieren. Zunächst würde ich es anwendungsorientiert erklären: Du hast ein bestimmtes Problem und du willst, dass das ein Computer für dich löst, damit du das nicht mehr machen brauchst. Die einen beziehen KI auf maschinelles Lernen. Das bedeutet, dass man Daten nutzt, um ein bestimmtes Problem zu lösen. Das ist dann anders als die klassische Programmierung. Diese beruht auf regelbasierten Systemen. Da sagst du: wenn etwas bestimmtes eintritt, dann soll folgendes passieren. Du programmierst Regeln ein. Aber beim maschinellen Lernen nutzt du Daten als Eingaben und hast dann potentielle Ausgaben. Du versuchst ein Problem mittels dieser Daten zu lösen.

Du arbeitest am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam an einem Forschungsprojekt zu KI in der radiologischen Untersuchung. Wann startet die große KI-Revolution in der Radiologie?

Benjamin Bergner: Es gibt leider nicht diesen einen KI-Algorithmus, der einmal trainiert wird und dann für alle Anwendungen in der Radiologie funktioniert. Forschungsgruppen konzentrieren sich häufig auf einen Teilbereich wie die Untersuchung von Röntgenbildern des Thorax. Oder sie forschen an effizienten Algorithmen für den MRT und CT, also für 3D-Bilddaten mit Tiefendimension. Wieder andere forschen an Algorithmen, um Abnormalitäten in Hautbildern zu erkennen. Schon ein Handyfoto des Leberflecks könnte in Zukunft zumindest für eine erste Einschätzung verwendet werden. Kurzum, ich denke, KI in der Radiologie und im Gesundheitsweisen  hat Zukunft und wir befinden uns bereits in einer Art „Revolution“, allerdings findet diese leise und langfristig statt, und dafür müssen wir noch einige Herausforderungen bewältigen.

Wo wird denn KI im Gesundheitssektor bereits eingesetzt?

Benjamin Bergner: Teilweise werden Forschungsergebnisse schon als Pilotprojekte genutzt, zum Beispiel für die Erkennung von Auffälligkeiten bei der Mammographie. In der Radioonkologie ist KI bereits Standard und  in Geräten von großen Anbietern integriert. Hierbei konturiert der Algorithmus automatisch sowohl Tumor als auch umliegende Organe – eine mühsame Aufgabe, die sonst der Mensch übernimmt. Anhand der Bildanalyse bestimmt er genau Ort, Stärke und Winkel der nötigen Bestrahlung. Das ist wichtig, um nur den Tumor zu zerstören und nicht gesundes Gewebe. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich Mensch und Maschine gegenseitig ergänzen. Die KI schlägt vor, der Mensch hat die Kontrolle.

Wie entscheidet sich dann, wann KI von der Forschung in die Praxis geht und wann nicht?

Benjamin Bergner: Die Herausforderung ist, dass man in der Forschung häufig nur Zugang zu öffentlichen Datensätzen hat, die aus bestimmten Initiativen hervorgegangen sind. Wenn zum Beispiel ein Krankenhaus aktiv die Initiative hat, Daten für die Entwicklung von Algorithmen zu liefern, nur dann sind diese öffentlich zugänglich. Forschungseinrichtungen können die Daten dann nutzen, um KI- Algorithmen darauf zu trainieren und dann zu berichten wir gut das funktioniert. Bei dem Bericht und zusätzlichen Studien, die untersuchen wie gut das im Vergleich bspw. zu einem menschlichen Radiologen funktioniert, endet es dann aber häufig. Diese Systeme dann in unterschiedlichen Umgebungen, unter unterschiedlichen Bedingungen und mit unterschiedlichen Gerätschaften wirklich einzusetzen, ist noch eine ganz andere Sache. Denn Menschen können flexibler auf Varianzen reagieren als KI-Algorithmen. Trotzdem zum Beispiel Röntgenbilder von Menschen aus Amerika anders aussehen als aus Europa oder Asien, können menschliche RadiologInnen diese Varianzen erkennen und gut eine Vorhersage und Einschätzung von Abnormaltiäten machen. Währenddessen macht ein KI-Algorithmus dann mitunter schlechte Vorhersagen, nur weil die Bildinformation sich etwas verändert hat. Das sind typische Probleme, weswegen es häufig bei der Forschung stehen bleibt. Die Forschung sagt, das hat gut funktioniert, wenige gehen dann aber den nächsten Schritt. Wenige testen das Ganze zum Beispiel zusammen mit dem Krankenhauspersonal kontinuierlich aus, um es dann auch irgendwann anzuwenden.

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Braucht es also einen Leidensdruck damit KI zum Einsatz kommt? Wie z.B. bei der Tumorbestrahlung, bei der die KI etwas leistet, was der Mensch nicht kann? Muss KI immer schneller, besser und kostengünstiger sein, als der Mensch, damit sie sich in der Praxis durchsetzt?

Benjamin Bergner: Viel besser ist ein wichtiger Punkt. Denn wenn ein Mensch einen Fehler macht, wird das oftmals noch eher verziehen, als wenn KI einen Fehler macht. Sie muss für die Akzeptanz in ihrem Umfeld viel besser sein. Aber da muss man auch unterscheiden zwischen Automatisierung und Unterstützung. Wenn es sich um automatische Systeme handelt, dann muss ein KI-System viel besser sein. Es darf viel weniger Fehler machen als ein Mensch. Wenn es aber darum geht, den Menschen zu unterstützen, dann darf die KI auch mal Fehler machen. Dann geht es eher darum komplementäre Ergebnisse zu liefern. Das heißt, wenn ein Radiologe in einem Bild mal etwas nicht sieht, sieht dafür aber die KI etwas. Und wenn die KI  mal etwas sieht, wo aber nichts ist, ist der Radiologe das Korrektiv. Das ist eher vertretbar, als ein automatisches System, was eine Abnormalität einfach nicht erkennt und es gibt keine weitere Kontrolle.

Wie könnte die Zukunft bezüglich KI im Gesundheitssektor aussehen?

Benjamin Bergner: Langfristig, glaube ich, werden sämtliche Prozesse, die im Krankenhaus anfallen, durch KI unterstützt. Das kann das Lesen von Bilddaten in der Radiologie oder Pathologie sein. Das kann aber auch ein Triagesystem als KI sein, um schnell einzuschätzen, welche Personen aufgrund ihrer Krankenlage priorisiert werden sollten. Oder die Vorhersage, wie lange ein Patient im Krankenhaus sein wird, was frühzeitige Prognosen zur Bettenauslastung ermöglicht. Die aufwendige Pflegedokumentation könnte durch Sprachassistenz und Sensorsysteme vereinfacht werden. Weitere Potenziale zeigen sich in der Chirurgie: Neben Robotern, die bereits Remote-OPs durch speziell ausgebildetes Personal ermöglichen, können KI-Systeme Operationen planen und ad-hoc Informationen darstellen. Bei all dieser Technik gilt es, nicht zu vergessen, dass der Mensch im Mittelpunkt steht und optimalerweise bereits in der Ausbildung Zugang zu diesen Systemen erhält. Zum Beispiel bieten wir am Hasso-Plattner-Institut den Master-Studiengang Digital Health an, der sich mit der Digitalisierung im Gesundheitssektor auseinandersetzt.

Wann macht KI für kleine und mittlere Unternehmen Sinn?

Benjamin Bergner: Insbesondere dann, wenn ein Projekt einen direkten Mehrwert bringt, während die Kosten gering bleiben. Auf Nutzenseite sollte ein Unternehmen abwägen, wie viel Kosten eine KI-Lösung optimalerweise reduzieren, beziehungsweise wie viel zusätzlichen Umsatz sie generieren könnte. Dem gegenüber stehen die nötigen Investitionen: Handelt es sich um Expertise, die im Unternehmen bereits besteht oder sind zusätzliche Forschungsarbeiten notwendig? Werden bereits relevante Daten für das Anlernen einer KI gesammelt oder müssen entsprechende Strukturen erst aufgebaut werden? Hier gilt es, klein anzufangen, um Stakeholder schnell überzeugen zu können. Wenn man bereits bestehende Daten hat bzw. diese leicht sammeln kann und man nicht so viele Daten benötigt, dann sind das gute Probleme oder gute Anwendungsfälle, die auch KMU gut abhandeln können.

Kann man pauschal sagen, dass KI im Bereich Bilderkennung für KMU weniger geeignet ist, weil es aufwendiger ist?

Benjamin Bergner: Das kann man so pauschal nicht beantworten. Ein Beispiel: Du hast einen Fabrikbetrieb und du produzierst ein Produkt. Es gibt ein Qualitätsmanagement, was die Produkte noch einmal überprüft: sind sie qualitativ hochwertig oder müssen sie noch verändert werden oder sind sogar Ausschuss? Das ist etwas, was ein Mensch am Fließband übernehmen kann. Er oder sie überprüft jedes Produkt, was auf dem Fließband vorbei kommt. Dafür benutzt er oder sie die Augen. Das ist auch etwas, was nicht all zu aufwändig für eine KI ist, weil das Fließband sehr starr ist. Das geht von vorne nach hinten und es kommen immer wieder die gleichen Produkte vorbei. Es geht immer nur darum einzuschätzen, ob es sich um ein Produkt handelt , was eine hohe Qualität hat oder nicht. Das ist ein sehr eingeschränktes Problem mit immer gleichen Bilddaten. Man hat nicht viel Varianz in den Bildern und man braucht keine teuren Experten um das einzuschätzen. Somit kann eine KI mit nur wenigen Daten antrainiert werden und die nötigen Labels oder Annotationen sind auch sehr leicht zu erstellen. Also in Fällen von redundanten Aufgaben, die viel Zeit erfordern, wie diese Fließbandarbeit, ist KI auch für KMU gut nutzbar.

Du unterstützt bei uns im Kompetenzzentrum als KI-Trainer Unternehmen bei Fragen zu Künstlicher Intelligenz. Mit welchen Fragen wenden sich Unternehmen an dich?

Benjamin Bergner: Im Kompetenzzentrum kommen die Unternehmen für die Intensivseminare zu uns. Innerhalb von drei Tagen wird ein bestimmtes Problem bearbeitet. Das heißt, die Unternehmen wissen schon ungefähr, was sie machen wollen und kommen dann zu uns, um zu erfahren, wie man das implementiert. Eine Frage, die häufig kommt von Unternehmen: Ist das denn überhaupt ein KI-Problem? Wann ist eine KI denn eine KI? Eine andere Frage: Ist KI teuer, was braucht man dafür?

Ist KI teuer?

Benjamin Bergner: Das kommt auf die Aufgabe an, die man mit KI erledigen möchte. Wenn man sehr komplexe Daten hat, viel mit Bilddaten, Videodaten, Audiodaten arbeitet, dann kann es durchaus etwas kosten die entsprechenden Rechenkapazitäten zu haben, um die entsprechenden Modelle zu trainieren. Was ich allerdings sehe ist, dass Unternehmen oftmals tabellarische Daten haben, also alles, was man typischerweise in Excel-Tabellen speichern kann oder in Datenbanken. Für solche Datentypen braucht man nicht all zu viele Ressourcen. Da reicht oftmals der Firmen-PC schon aus, um Modelle zu erstellen. Aber ich denke, dass viele in den Nachrichten hören, wie rechenintensiv diese oder jene KI war und denken, dass es teuer sein muss. Ist es aber häufig nicht für die Anwendungsfälle, die Unternehmen haben.

Wie hilfst du den Unternehmen weiter?

Benjamin Bergner: In dem dreitägigen Seminar beginnen wir mit einer Einführung in Künstliche Intelligenz: Was ist das überhaupt? Was ist die Intention dahinter? Wie gestaltet man einen Prozess für ein KI-Projekt von Anfang bis Ende? Welche Qualifikation müssen Mitarbeitende haben? Welche Ressourcen und Tools benötigt man? Gibt es bezüglich Ethik und Recht etwas zu beachten? Welche Algorithmen gibt es und wann wendet man welche an? Im zweiten Teil gehen wir die spezifischen Problemstellungen der Unternehmen in Kleingruppen an. Im Sharing präsentieren die Unternehmen, was sie erarbeitet haben. Durch all das bekommt man eine gute Intuition was KI alles kann. Man sieht nicht nur wie man das im eigenen Unternehmen anwendet, sondern auch andere Anwendungsfälle.

Wie genau sieht die Arbeit an der Problemstellung aus, die ein Unternehmen in das Seminar bringt?

Benjamin Bergner: In der Arbeit an der Problemstellung des jeweiligen Unternehmens, zeige ich auf, wie man das Problem lösen könnte. Dann stellt sich eigentlich schon heraus, ob das etwas ist, was man durch Schulungen intern abbilden könnte, ob extern jemand hinzukommen muss oder ob es bereits Tools gibt, die man für die Umsetzung der Idee nutzen könnte.

Wir schauen aber auch, ob die Idee aus Business-Sicht, nicht nur aus KI-Sicht, überhaupt Sinn macht. Gibt es einen klaren Mehrwert, der auch gewisse Ressourcen in Anspruch nehmen kann? Sind die Unternehmen dafür auch bereit eine neue Person einzustellen? Wenn man dann in die Gesichter der Teilnehmenden schaut, sieht man, ob sie das wirklich brauchen, z.B. weil sie Kosten einsparen können oder ob sie eigentlich nur wissen wollen, wie man KI eventuell einsetzen könnte.

Nach der Ideenfindung, wenn sich herausgestellt hat, dass es ein Problem ist, was wichtig ist, schauen wir, ob überhaupt eine KI zum Einsatz kommen muss oder ob eventuell einfache, beschreibende Statistiken zum Einsatz kommen. Dann schauen wir auch noch, ob es Tools auf dem Gebiet gibt, oder ob man so etwas selbst entwickeln müsste.

Was ist noch ein wichtiges Thema bei KI in der Vorbereitung?

Benjamin Bergner: Wir sensibilisieren die Unternehmen für Daten: wie wichtig Daten für KI sind, dass man Daten nicht nur sammelt, um die wichtigsten Geschäftsprozesse vor der KI-Ära abzubilden, also Rechnungsstellung oder Daten für das Finanzamt. Wir vermitteln, dass man Daten als wertvolle Ressource ansieht, um Probleme zu lösen, Kosten einzusparen oder Geschäftsmodelle zu entwickeln. Da schauen wir dann, welche Daten zur Zeit überhaupt im Unternehmen zur Verfügung stehen und welche zusätzlichen Daten interessant wären. Und welche Daten im Spezifischen für das Problem benötigt werden, wofür sie zu uns gekommen sind. Und wo die überhaupt liegen. Liegen sie nur auf einer Datenbank oder sind sie verstreut auf unterschiedlichen Firmenrechnern?

Danach schauen wir uns an, welche KI-Algorithmen, denn es gibt sehr sehr viele, da am ehesten infrage kommen. Dann würden wir die erklären, die Intention dahinter, damit das Unternehmen ungefähr versteht, wie das ganze funktioniert.

Dann gehen wir darauf ein, wie man die KI-Algorithmen entwickeln kann und wie man das ganze dann auch evaluiert. Denn KI-Algorithmen können Fehler machen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass man schaut, wie gut die letztendlich im Einsatz funktionieren, ob sie ausreichende und akkurate Ergebnisse erzielen.

Und dann geht es ans Eingemachte: den KI-Algorithmus?

Benjamin Bergner: Ja. Wir schauen uns an, welche KI-Algorithmen infrage kommen. Denn es gibt sehr, sehr viele. Wir erklären die Intention hinter dem geeigneten Algorithmus, damit das Unternehmen ungefähr versteht, wie das ganze funktioniert. Dann gehen wir darauf ein, wie sie die KI-Algorithmen entwickeln können und wie sie auch evaluieren. Denn KI-Algorithmen können Fehler machen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass man fortlaufend schaut, wie gut sie im Einsatz funktionieren, ob sie ausreichende und akkurate Ergebnisse erzielen.

Wer aus den Unternehmen kommt zu den KI-Intensivseminaren und was wäre die Idealbesetzung?

Benjamin Bergner: Bei einigen Unternehmen war die Geschäftsführung dabei und noch jemand, der oder die Fachwissen im jeweiligen Unternehmensbereich hat. Als es beispielsweise um die Kundenanalyse ging, war die Marketingleitung und zusätzlich eine Person aus der Software-Entwicklung dabei. Das ist, meiner Einschätzung nach, die optimale Besetzung: Geschäftsführung, Fachpersonal, Software-Entwicklung. Wenn die Geschäftsführung oder bei mittelgroßen Unternehmen die mittlere Führungsebene dabei ist, dann wissen alle Teilnehmenden: Das Thema ist wichtig und wird unterstützt. So haben Ideen und nächste Schritte eine höhere Wahrscheinlichkeit, umgesetzt zu werden.

Was für Fälle sind dir in den Seminaren mit Unternehmen begegnet?

Benjamin Bergner: Ein Unternehmen war im Seminar, das wollte vorhersagen, wie die Absätze von bestimmten Produkten in der Zukunft sein würden. Damit wollten sie feststellen, wieviel sie produzieren müssen, letztlich die Lagerposten minimieren, indem sie nur soviel produzieren wie auch wirklich benötigt wird. Das ist eine klassische Vorhersage von Verkäufen, also Sales-Forecasting. Hier arbeitet man mit einer Zeitreihe: man nimmt für jegliche Produkte auf , das können hundert sein, wieviel in der Vergangenheit verkauft wurden.  Dann kann ein Unternehmen für die hundert Produkte für die nächste Woche oder den nächsten Monat vorhersagen, wie viele Produkte wahrscheinlich in dem nächsten Zeitraum abgesetzt oder verkauft werden. Es können auch tausend Produkte sein, das ist das schöne an KI: es skaliert sehr gut. Daraufhin kann man seine Lager bzw. seine Produktion anpassen. Das ist ein klassisches Beispiel, wo man nicht viele Ressourcen benötigt. Hier reicht ein einfacher Firmen-PC oder ein Laptop, um solche Modelle zu erstellen.

Ein weiteres Unternehmen wollte Rechnungen automatisch einlesen und diesen Service anderen Unternehmen anbieten. Die Rechnungen kommen im PDF- oder im Briefformat und müssen erst einmal gescannt werden. Aber dann ist der eigentliche Inhalt der Dokumente noch nicht digital verfügbar, die genauen Rechnungskomponenten sind nicht abrufbar. Das kann klassischerweise mit der Optical Character Recognition (OCR) gelöst werden. Damit kann die Schrift erstens erkannt werden, also wo etwas geschrieben ist – da in der Ecke oben rechts. Nach der Lokalisierung des Textes geht es um die Erkennung und Klassifikation, also was steht da eigentlich. So kann man sich viel Papier sparen, hat das alles digital und kann damit weiterarbeiten. Hier bräuchte man schon etwas mehr Ressourcen, da man mit komplexen Bilddaten arbeitet. Denn jedes Pixel im Bild stellt ein eigenes so genanntes Attribut also Merkmal dar, das die KI lernen muss. Handykameras haben mehrere Megapixel, da hat man dann über eine Million Attribute mit denen die KI rechnen muss. Ähnlich ist das mit Signalen in der Tonverarbeitung. Also alles, was in Richtung Alexa und Google Nest usw. geht. Alles, was wir sagen sind letztlich Signale und das muss man als Attribut darstellen.

Gab es weitere interessante Ideen von Unternehmen?

Benjamin Bergner: Es kamen Teilnehmende von einem Busunternehmen, die Routen planen wollten für die Busse. Die Busse müssen an jedem Tag bestimmte, immer andere Stationen abfahren. Es geht darum, die Route zu finden, die am kürzesten ist. Wenn man viele Stationen hat, dann kann man das naiv lösen indem man sagt, ich möchte von einem Punkt zum nächsten, der am kürzesten ist und dann wieder den kürzesten betrachten usw. Aber es kann sein, dass das global gesehen nicht dem Optimum entspricht. Das Busunternehmen möchte also automatisch herausfinden, welche Route am kürzesten ist, wenn man ganz viele Stationen hat. Und dafür kann man KI auch nutzten und es ist nicht wirklich aufwendig. Das könnte man z.B. auch auf einem Firmen-PC rechnen.

Wieder ein anderes Unternehmen wollte das Marketing und die Kundenanalyse angehen. Sie wollten herausfinden, wodurch sich Kunden auszeichnen, die die erwünschte Aktion des Pre-Orderings durchführen. Sie sind sehr nützlich für das Unternehmen, weil sie den meisten Umsatz generieren. Was charakterisiert diese Kunden? Das kann man wiederum recht klassisch durch Clustering lösen. Man schaut, welche Kundengruppen man hat und wer welche Aktion ausgeführt hat. Dann sehe ich z.B. wodurch sich Gruppe 1 auszeichnet. Vielleicht ist es eine bestimmte Altersgruppe oder sie ist häufig auf Social Media vertreten, usw.. Vielleicht findet man dann heraus, dass bestimmte Attribute zutreffen und diese Eigenschaften dazu führen, dass die erwünschte Aktion des Pre-Orderings ausgeführt wird. Das Unternehmen kann das Marketing entsprechend darauf ausrichten, z.B. indem es eine bestimmte Altersgruppe anspricht.

KI macht also Sinn für KMU, wenn sie Vorhersagen tätigen möchten, die nützlich für das Geschäftsziel sind.

Interview: Marie Landsberg

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