Design Thinking:
Ideen nutzerzentriert entwickeln und testen
Die eigenen Produkte oder Dienstleistungen an der Zielgruppe zu orientieren – das scheint auf den ersten Blick selbstverständlich. Doch was will und braucht die Zielgruppe wirklich? Und wie leite ich daraus tatsächlich nutzenzentrierte Ideen für mein Business ab? Wenn die Nutzer:innen und ihr Erfahrungshorizont nicht in den Mittelpunkt des Entwicklungsprozesses gerückt werden, kann das im schlimmsten Fall dazu führen, dass Ihre eigentlich gute Idee von den potenziellen Kundinnen und Kunden abgelehnt oder einfach ignoriert wird.
Eine effektive Methode, um neue Produkte an den Bedürfnissen Ihrer Zielgruppe auszurichten, ist der Design Thinking Prozess.
Auch unsere regelmäßigen Design Thinking Workshops erfreuen sich bei Unternehmerinnen und Unternehmern einer regen Nachfrage. Aber was genau leisten die Design Thinking Methoden? Wir zeigen, wie auch kleine und mittlere Unternehmen mit weniger zeitlichen und finanziellen Ressourcen Design Thinking für sich nutzen können.
In diesem Artikel erklären wir den Design Thinking Prozess, die dazugehörigen Kreativmethoden und geben Ihnen Vorlagen zum Loslegen an die Hand.
- Warum Design Thinking?
- Was ist das Besondere an Design Thinking?
- Multidisziplinäre Teams
- Das brauchen Sie für den Design Thinking Prozess
- Die 6 Phasen des Design Thinking Prozesses
- Phase 1: Verstehen
- Phase 2: Menschen beobachten
- Interview-Tipps
- Phase 3: Sichtweise Definieren
- Zwischenstand: Vom „Problemraum“ in den „Lösungsraum“
- Phase 4: Ideen finden
- Phase 5: Prototypen bauen
- Phase 6: Testen
- Design Thinking ohne Ende?
- Kostenfreie Workshops
Warum Design Thinking?
Durch den technologischen Fortschritt der letzten Jahrzehnte und vor allem durch die Digitalisierung, ist die Wirtschaft einem ständigen und immer schnellerem Wandel unterworfen. Fortschrittstechnologien werden immer preiswerter und exponentiell leistungsfähiger. Disruptive Innovationen verändern Geschäftsmodelle und ganze Märkte. Während die Komplexität von neuen Technologien steigt, bleibt der Mensch in seinen Fähigkeiten und seiner Komplexität aber gleich. Um erfolgreich zu sein, muss die fortschrittlichste und komplexeste Erfindung deshalb noch immer auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten des Menschen, des Nutzers, eingehen. Hier setzt Design Thinking an.
Was ist Design Thinking? Design Thinking ist zugleich Methode und Denkansatz. Es kombiniert Herangehensweisen aus dem Design und der Ethnographie. Die zentralen Elemente für eine erfolgreiche Anwendung des Ansatzes sind multidisziplinäre Teams, der sechsstufige Design Thinking-Prozess sowie das Schaffen flexibler Räume.
Lesen Sie hier unsere Kompaktinfos zu Design Thinking.
Was ist das Besondere an Design Thinking?
Für Start-ups, Entwickler:innen oder Ingenieur:innen ist es immer wieder eine Herausforderung ein Produkt oder eine Dienstleistung von den Nutzenden her zu denken. Dieses Bewusstsein ist harte Arbeit vor allem bezüglich einer wiederkehrend kritischen Sicht auf eigene Ideen, Vorstellungen und Vorannahmen.
Mit der Design Thinking Methode vollziehen die Entwickelnden einer neuen Idee genau das: sie stellen die Nutzerinnen und Nutzer und deren Bedürfnisse und Probleme fortwährend in den Mittelpunkt, während sie an der potentiellen Lösungsidee arbeiten.
Sie betrachten, testen und verwerfen die eigenen Ideen immer wieder neu, bis sich ein für die Nutzenden optimiertes Ergebnis herauskristallisiert.
Dieses iterative Vorgehen, also schrittweise und mit der fortwährenden Option, noch einmal einen Schritt zurückzugehen und Sichtweisen zu korrigieren, fördert die interaktive und produktive Zusammenarbeit und liefert gleichzeitig schnelle Ergebnisse.
Martin Talmeier vom Hasso-Plattner Institut und im Team des Mittelstand-Digital Zentrums Berlin erklärt, warum nutzerzentriertes Denken einerseits geübt werden muss, sich aber andererseits lohnt:
Multidisziplinäre Teams bringen das beste Ergebnis
Irgendwann werden wir alle ein wenig betriebsblind. Personen, die beispielsweise in der Programmierung arbeiten, haben untereinander eine ähnliche Herangehensweise an Probleme und Lösungen. Das gilt ebenso für alle anderen Fachbereiche.
Im Design Thinking sollen diese Strukturen aufgebrochen werden. Menschen mit unterschiedlicher beruflicher Sozialisierung, Sichtweisen und Gewohnheiten arbeiten zusammen. Innovative Ideen entstehen also am besten, wenn Sie ein Projektteam aus unterschiedlichen Fachrichtungen und Arbeitsbereichen zusammenstellen. So fließen viele verschiedene Perspektiven in den Prozess mit ein, Überraschungseffekte und inspirierende Spannungen entstehen.
Das brauchen Sie für den Design Thinking Prozess
Zeit spielt eine wichtige Rolle im Design Thinking Prozess – einzelne Kreativprozesse sollen nicht unendlich ausgedehnt sein, sondern einen Anfang und ein Ende haben. Da hinter der Design Thinking Idee auch steht, möglichst schnell Ergebnisse zu genegerieren, können einzelne Phasen sogar nur 15 Minuten dauern, das können Sie jedoch vorher individuell festlegen.
Deshalb sollte ein Timer nicht fehlen, am besten sollte er für alle Teilnehmenden gut sichtbar sein. Meist verwenden Design ThinkerInnen die unten abgebildete Uhr, es gibt jedoch natürlich auch andere Möglichkeiten, verstreichende Zeit für alle sichtbar zu machen. Auch hilft es, wenn Start und Ende durch ein Signal hörbar ist. Üblicherweise wird hier ein Gong verwendet, doch auch hier können Sie Alternativen nutzen.
Berühmt und bekannt sind natürlich die bunten Klebezettel, die für die Ideengenerierung und die verschiedensten Methoden genutzt werden können. Das schöne daran: Sie müssen nicht unbedingt an Whiteboards oder Trennwänden angebracht werden, auch Fenster, Türen und Bürowände können Sie so für einen schnellen Kreativprozess nutzen.
Für den Prozess, der eine Idee erst haptisch, greifbar und testbar macht, den Prototypenbau, benötigen Sie Bastel- und Alltagsmaterialien: Buntpapier, Stifte, Kleber, Schnüre, Stoffe, Eierpackungen, Holz, Büroklammern, Puschel, Gummis, Stäbchen, Patronen, Kartuschen, Kartons, Tischtennisbälle, usw.. Auch Lego, kleine Autos, Figuren, Bausteine können nützen. Alles, was inspiriert und zum Bauen anregt, ist gut.
Natürlich können Prototypen und deren genauere Ausgestaltung auch digital mittels Software und Apps entstehen, dazu später mehr.
Utensilien für das Design Thinking sind auch als Boxen oder einzeln im Internet bestellbar.
Personell sollten Sie für einen Design Thinking Prozess auf jeden Fall eine Person engagieren, die durch den gesamten Prozess moderiert. Neben dem oder der ModeratorIn kann eine zweite Person nicht schaden, um die Teilnehmenden z.B. beim Bau eines Prototypen mit den nötigen Materialien zu unterstützen, den Gong zu schlagen, den Timer einzustellen oder einfach technische und räumlich Belange wie eine Präsentation zum Einstieg oder die Anordnung von Stühlen, Tischen und Trennwänden zu betreuen.
Sollten Sie in einer größeren Gruppe arbeiten wollen, kann es förderlich für den Prozess sein, Kleingruppen von ca. 5-8 Personen zu bilden, die unter sich in den Prozess gehen und zwischendurch in den Ergebnisaustausch gehen. Diese können idealerweise wiederum eine unterstützende Person als Moderator gut gebrauchen , wenn es darum geht, Zettel beim Brainstorming anzubringen, die Teilnehmenden ein wenig anzuleiten, zu animieren und bei ausufernden Diskussionen wieder in die Bahn zu bringen.
Die 6 Phasen des Design Thinking Prozesses
Wir beschreiben hier den Design Thinking Prozess, wie er von der HPI D-School in Potsdam entwickelt und genutzt wird.
Dieser Prozess besteht aus insgesamt 6 Phasen: In den ersten 3 Phasen geht es darum, das Problem zu verstehen und die Zielgruppe zu definieren – diese Phasen werden als „Problemraum“ zusammengefasst. Danach geht das Projektteam in den „Lösungsraum“ über: Phase 4 bis 6 widmen sich der kreativen Ausarbeitung einer möglichen Lösung und der Testung des Prototypen.
Phase 1: Verstehen
Im ersten Schritt geht es darum, ein gemeinsames Verständnis des Problems, auf dem die jeweilige Geschäfts- oder Produktidee basiert, zu schaffen.
Damit das Projektteam an einem Strang zieht ist es wichtig, den aktuellen Ist-Zustand und Herausforderungen zusammenzutragen.
Hilfreich für das Verstehen kann es auch sein, dieses Diskussions-und Austausch-Setting durch eine Recherche aktueller Erkenntnisse aus Praxis und Forschung zu flanieren und in den Austausch einfließen zu lassen. So können Wissenslücken erkannt und neue Perspektiven entdeckt werden.
Nehmen Sie diesen Schritt ernst: Sie werden bereits hier feststellen, dass jeder im Team eine eigene Sichtweise, eigene Vorurteile und ein eigenes Verständnis von Schlüsselbegriffen mitbringt.
Wie geht man in der Praxis vor?
Klebezettel sind unser Mittel der Wahl: Formulieren Sie konkrete Sätze, die das Problem beschreiben. Einigen Sie sich auf den treffendsten Satz. Kreisen Sie die Schlüsselbegriffe ein.
Lassen Sie alle beteiligten ihr rein assoziatives Verständnis der Schlüsselbegriffe auf farbigen Klebezetteln notieren. Dann diskutierten Sie dies in der Gruppe und bestimmen die Bedeutung der Begriffe im Kontext der Geschäfts- oder Produktidee. Beziehen Sie die Erkenntnisse aus der gründlichen Recherche mit ein.
Auf Grundlage dieses Diskussion und Recherche einigen Sie sich final auf einen Satz oder Text, der die Problemstellung mit den passenden Schlüsselbegriffen am Treffendsten beschreibt.
Wichtig ist hier: Bleiben Sie wirklich bei der Definition und Analyse des Problems ohne bereits Lösungsorientiert zu denken. Dieser Schritt kommt erst später!
Phase 2: Menschen beobachten
Die Basis ist gelegt: Wenn Sie Schritt 1 sorgfältig durchgeführt haben, besteht im Team Klarheit über die wichtigsten Begriffe und das Problem selbst.
Jetzt geht es darum, die Zielgruppe in den Blick zu nehmen und zu beobachten, Fragen zu stellen, zuhören und zu verstehen. Das Projektteam baut in diesem Schritt Empathie für die Nutzergruppe auf: Welche Bedürfnisse, Ängste, Sichtweisen und Emotionen finden sich in der Zielgruppe?
Oft glauben wir intuitiv zu wissen, was sich andere wünschen, und liegen falsch. Um Ihre Nutzer:innen wirklich zu verstehen, sollten Sie so viele Informationsquellen nutzen, wie Sie finden können. Recherchieren Sie nach Studien zur Demografie, nach Nutzerzahlen, Best Practice Beispielen, Bewertungen und führen Sie selbst Interviews.
Auch die sogenannte „Feldforschung durch Beobachtung“ ist empfehlenswert: Beobachten Sie, wie sich Menschen in einem bestimmten Umfeld bewegen, wie Sie Gegenstände nutzen oder auf einer Website navigieren.
Wie geht man in der Praxis vor?
Fragen Sie nach – gerne auch persönlich: In unseren Workshops mit Unternehmen lassen wir die Teilnehmer:innen gerne direkt auf der Straße kurze Interviews mit Passantinnen und Passanten führen. Häufig sind sich die Teilnehmer:innen vorher sicher, alles schon mitgedacht zu haben, aber alle bringen aus den Interviews neue Erkenntnisse mit.
Natürlich lassen wir niemanden ohne Interview-Tipps, losziehen. Hier die wichtigsten Basics:
- Formulieren Sie offene W-Fragen? Wie?
- Stellen Sie einfache und klare Fragen. Stellen Sie immer nur eine Frage.
- Auch wenn Sie meinen es schon zu wissen, fragen Sie immer nach dem Grund: Wieso? Weshalb? Warum?
- Wichtig: Stellen Sie keine wertenden Fragen („Sie finden doch bestimmt auch schlimm, dass…?“) und bewerten Sie auch die Antworten nicht. Hören Sie zu und bleiben Sie neutral.
- Fragen Sie nach konkreten Erlebnissen: In Geschichten stecken viele Informationen und Emotionen.
- Geben Sie den Geschichten Raum, lassen Sie Stille zu, damit die Interviewten sich Gedanken machen können.
- Suchen Sie nach Widersprüchen und Konflikten in den Aussagen: Wo passt etwas nicht zusammen?
- Vermeiden Sie verallgemeinernde Aussagen wie „normalerweise“.
- Machen Sie sich unbedingt Notizen oder nehmen Sie das Interview z.B. mit dem Handy auf (natürlich nur mit Zustimmung der Personen)
Phase 3: Sichtweise Definieren
Sie haben Ihre Projektidee jetzt ausführlich aus zwei Perspektiven betrachtet: Der internen, also die Sichtweise des Teams und die Perspektive der Zielgruppe. Im dritten Schritt geht es nun darum, diese Erkenntnisse zu ordnen und zusammenzuführen, Schritt 3 wird daher auch „Synthese“ genannt.
Den Dreh- und Angelpunkt bilden in dieser Phase die Bedürfnisse der zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer. Dazu definiert das Projektteam aus den gesammelten Daten verschiedene prototypische Einzelpersonen – die sogenannte „Personas“. Personas eigenen sich sehr gut, um die Erkenntnisse der Interviews zu bündeln und Zusammenhang mit dem formulierten Problem zu bringen.
Personas werden zwar aus echten Daten abgeleitet, sind aber fiktive Menschen, die stellvertretend für reale Personen stehen. Sie zeigen nicht den Durchschnitt aller Nutzer, sondern haben wie echte Menschen einen eigenen Lebenslauf, Vorlieben, Fähigkeiten, Wünsche und Ziele. Je nachdem, wie unterschiedlich Ihre Zielgruppe ist, werden Sie entsprechend viele Personas benötigen. Jede Persona steht dann stellvertretend für einen Kundentyp und hat einen eigenen Namen sowie ein Gesicht.
Personas helfen Ihnen sich in die Zielgruppe hineinzuversetzen und daraus für diese logisches Verhalten und Denken abzuleiten.
Wie geht man in der Praxis vor?
Vorlage: Hier können Sie die Vorlage für Personas herunterladen.
Nutzen Sie gerne unsere Vorlage für die Personas. Um eine Persona genau zu beschreiben, sollten Sie den Fokus auf drei wichtige Punkte legen:
- Personendaten wie Name, Alter, Familie, Beruf, Persönlichkeit
- Die Bedürfnisse und
- Das Umfeld der Person: Welche Konventionen fördern Hindernisse oder Chancen?
Geben Sie der Persona eine Stimme, indem Sie prägnante Zitate aus den Interviews in die Beschreibung einbinden.
Wichtig: Richten Sie auch im dritten Schritt den Fokus weiterhin auf das Problem. Lösungsansätze folgen später.
Zwischenstand: Vom „Problemraum“ in den „Lösungsraum“
Von Schritt 1 bis 3 setzen Sie sich intensiv mit der Problemstellung auseinander. Dies wird von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern in unseren Workshops oft als besonders schwierig empfunden. Kein Wunder: Man ist es im Alltag gewohnt, lösungsorientiert zu denken. Aber nur wenn Sie tief in den „Problemraum“ eintauchen, erhalten Sie neue Informationen und Erkenntnisse über das eigentliche Problem aus dem Sie die passenden Lösungsideen ableiten können.
Im vierten Schritt gehen wir nun in den „Lösungsraum“ über – endlich!
Phase 4: Ideen finden – Kreativmethoden
Es ist geschafft: Alle Projektmitglieder haben das gleiche Verständnis vom Kern des Problems. Die Schritte 1 – 3 sind wichtig, denn erst wenn das Problem & die Bedürfnisse der Menschen klar verstanden wurden, kommen gute Lösungen zu Stande.
Nun geht es in die kreative Phase des Design Thinking-Prozesses, hier gehen Sie in 3 Stufen vor:
- Ideen Sammeln: Das Team generiert mithilfe von verschiedenen Kreativmethoden Ideen: Dabei kommt es erst einmal nur auf die Quantität statt auf die Qualität an. Ziel ist es im ersten Schritt, so viele Ideen wie möglich zu sammeln. Die Vorschläge dürfen ausdrücklich „verrückt“ und „außergewöhnlich“ sein.
- Bewertung der Ideen: Nach der „wilden“ Phase des Ideensammelns werden die einzelnen Ideen nun vom Team geordnet und nach Machbarkeit sowie Wirtschaftlichkeit bewertet. Behalten Sie bei der Bewertung immer die definierten Personas im Blick: Die Lösung muss schließlich der Zielgruppe gefallen!
- Priorisierung: Schließlich wird sich auf eine Idee festgelegt. Dabei ist es wichtig, keine falschen Kompromisse einzugehen: Bleiben Sie kritisch und fokussieren Sie sich auf den Kern einer Lösung. Zu komplizierte Lösungen lassen sich später nur schwer in einen Prototypen umwandeln.
Wie geht man in der Praxis vor?
Um wirklich neue, kreative Ideen zu finden, braucht es Kreativmethoden. Diese sind für viele der Kern des Design Thinking Prozesses.
- Brainstorming ist den meisten geläufig. Bei dieser Methode geht es darum im Team oder allein ungefiltert Ideen zu sammeln. Hier sollte es kein richtig oder falsch geben, Kommentare und Einschätzungen von Ideen sollten bei dieser Methode zurückgestellt werden, da es die Kreativität der Beteiligten hemmt. Ideen und Assoziationen können Sie im Team analog mit Klebezetteln auf einem Board sammeln, eine moderierende Person kann hineingerufene Ideen des Teams dort aufschreiben oder sie gehen digital mit einem der zahlreichen Kreativ-Tools in den Prozess. Einige Beispiele sind hier: Miro, Mural, Collaboard, Etherpad, MindMeister oder sie arbeiten einfach in einem für alle freigegeben GoogleDoc. Erst wenn der Brainstorming-Prozess abgeschlossen ist, sollten die Ideen geordnet und ggf. bewertet und diskutiert werden, wofür andere Methoden dienen können.
- Bodystorming ist das Prinzip des Brainstorming auf physischer Ebene. Sie begeben sich also in eine ähnliche Situation oder ein beobachtetes SzenarioIhrer Zielpersonen und spielen diese nach. Die Gefühle, Gedanken und Konflikte, die beim Nachspiel entstehen, halten Sie für die weitere Arbeit damit fest. Diese Methode hilft Ihnen besonders bei Lücken im Verständnis der Nutzenden, die nicht verbalisiert werden konnten, weiter. Im eigenen Erleben der Nutzersituation können noch einmal ganz neue Ideen für Produkte oder Dienstleistunden entstehen.
- Kopfstand-Methode: Hier stellen Sie nicht sich selbst, sondern die Frage auf den Kopf: Wie kann man das Problem noch schlimmer machen? Wie zerstört man am besten das Teamgefühl? Wie machen Sie die Website es so nutzungsunfreundlich wie Möglich? Sammeln Sie die Antworten auf diese Frage und leiten Sie daraus die positiven Erfolgsprinzipien ab!
Phase 5: Prototypen bauen
Jetzt bauen wir einen Prototypen: Im fünften Schritt wird aus der oder den favorisierten Ideen ein greifbares Produkt. Dabei geht es nicht darum, bereits ein perfektes Idealmodell zu kreieren. Es entsteht ein Testmodell, das mit einfachsten Mitteln die Grundfunktionen abbilden kann um früh Feedback der Nutzer:innen einzuholen.
Die Idee hinter dem frühen Prototyping: „Scheitere früh, scheitere oft“.
Denn wenn ein Produkt schon zu weit entwickelt ist, fällt es Nutzenden schwer, fundamentale Kritik zu äußern. Sie erhalten dann oft nur noch Feedback zu kleineren Stellschrauben wie dem Farbdesign oder der Logoplatzierung. Daher besteht der Kernpunkt darin, aufwandsarme Prototypen (z.B. Papiermodelle) zum Test in der Zielgruppe zu entwickeln.
Im Zentrum des Design-Thinking steht deshalb das ständige und wiederholte Präsentieren der Idee: Wie kommt das Produkt an? Wird es verstanden?
Wie geht man in der Praxis vor?
Besonders am Anfang ist es nicht notwendig, aufwändige Prototypen zu bauen oder gar zu Programmieren. Wichtig ist, dass die Grundidee abgebildet wird. Je einfacher die Prototypen gestaltet sind, desto schneller lassen Sie sich anpassen und optimieren.
So können Sie einen Prototypen bauen:
- Paper Prototype – Prototypen aus Papier: Diese einfache und sehr preiswerte Methode eignet sich etwa für den Test von Websites oder interaktive Anwendungen (Apps). Sie benötigen hierfür nur Karton, Papier eine Schere sowie (bunte) Stifte und Klebezettel. Stellen Sie dar, welche Informationen zu sehen sind, welche Buttons welche Aktion auslösen und wie die Navigation funktioniert.
Dieses Video zeigt anschaulich, wie der Prototyp einer App aussehen kann:
- Digital Prototyping: Aufbauend auf dem ersten Prototypen aus Papier eignet sich im Anschluss die Umsetzung mit einem digitalen Tool in eine „klickbare“ Anwendung. Hierfür können Anwendungen wie Wireframe.cc, MockFlow oder moqups genutzt werden.
- Storyboard: Mithilfe eines Storyboards können Sie einen Ablauf visualisieren: Ein Storyboard zeigt, ähnlich einem Comic, den Ablauf mithilfe von Skizzen oder auch Fotos. Skizzieren Sie Ihre Personas, kurz vor, während und nach der Nutzung des Produktes oder der Idee. Wie sieht der Ablauf aus? In welchem Kontext wird das Produkt genutzt?
Zur Umsetzung zeichnen Sie einfach Rahmen auf ein Blatt Papier und kleben Post-its oder Fotos hinein, die die Szenen bebildern. Sie können auch unsere Vorlage verwenden.
Vorlage: Hier können Sie die Vorlage für ein Storyboard herunterladen.
- User Journey: Eine „User Journey“ geht nach ähnlichem Prinzip wie das Storyboard vor: Auch hier zeichnen Sie den „Weg“ Ihrer Nutzerinnen und Nutzer systematisch nach. Dargestellt wird die User Journey in einer Art Matrix. Im Video erklären wir, wie Sie eine User Journey erstellen:
Vorlage: Hier können Sie die Vorlage für eine User-Journey-Map herunterladen.
- Haptische Prototypen/ Modelle: Mit Knete, Klemmbausteinen, Karton, Holz und verschiedenen Bastelmaterial kann schnell ein greifbares Modell gestaltet werden. Die physische Umsetzung der Idee kann helfen ein Gefühl für die richtige Größe, Wirkung und Handhabung eines Produktes zu bekommen.
- Rollenspiel: Ziel des Rollenspiels ist es, die Nutzererfahrung realistisch zu simulieren. Durch das Nachspielen von Situationen kann das Projektteam ein besseres Gefühl dafür bekommen, wie sich die Erfahrung tatsächlich anfühlt und wo Verbesserungen notwendig sind. Diese Methode eignet sich gut, wenn Sie zum Beispiel Dienstleistungen testen möchten. Bestimmen Sie die genaue Situation und legen Sie die beteiligten Rollen fest sowie benötigte Requisiten bereit. Der Handlungsablauf (Drehbuch) kann im Vorfeld durch ein einfaches Storyboard skizziert werden. Wenn Sie die Situation filmen – das geht auch ganz einfach per Smartphone, können Sie im Anschluss genau analysieren, wo Fehlerquellen lauern.
Phase 6: Testen
Jetzt geht es in die heiße Phase: Nachdem Sie Ideen generiert und einen Prototypen entworfen haben, stellen Sie diesen jetzt auf die Probe. In diesem Schritt beziehen Sie wieder die Nutzer:innen mit ein.
Lassen Sie den Prototypen genau unter die Lupe nehmen und beobachten Sie, wie Ihre Zielgruppe mit dem Produkt umgeht:
- Kommt die Idee gut an oder nicht?
- Was kann verbessert werden?
- Ist die Anwendung intuitiv bedienbar oder braucht es weitere Erklärungen?
- Bietet die Idee wirklich einen Mehrwert für die Nutzer:innen?
Sehen Sie das Feedback als Chance und lernen Sie von den Nutzenden. Es geht darum herauszufinden, ob man mit der Idee grundsätzlich in die richtige Richtung geht. Das Feedback ist wichtig, um die Idee Schrittweise zu verbessern.
Wie geht man in der Praxis vor?
Erstellen Sie zunächst einen „Test-Plan“ indem festgehalten wird, was genau mit wem und in welchem Zeitraum eigentlich getestet werden soll. Notieren Sie außerdem wichtige Fragen, die unbedingt geklärt werden müssen.
Beim Testen selbst sollten Sie den Testpersonen nur so viele Informationen wie nötig geben: Stecken Sie das Projekt kurz ab, aber erklären Sie nicht im Einzelnen, wie der Prototyp funktioniert, denn das sollen die Testpersonen ja bestenfalls selbst herausfinden. Ganz wichtig: Bei Kritik nicht rechtfertigen, sondern neutral bleiben und notieren.
Um Ihren Prototypen zu testen, gibt es verschiedene Methoden:
- A/B – Tests: Falls Sie zwei verschiedene Prototypen entwickelt haben, ist der A/B-Test optimal um herauszufinden, welche Version besser ankommt. Lassen Sie beide einzeln testen und vergleichen Sie im Anschluss das Feedback.
- Thinking-Aloud-Test: Das „laute Denken“ bedeutet genau das. Sie lassen die Testpersonen einzeln mit dem Prototypen interagieren und bitten sie, ihre Gedanken dabei laut auszusprechen. Das klingt dann vielleicht so: „Wo muss ich jetzt drücken, ah hier ok. Und was passiert da jetzt? Achso gut.“
- Beobachten: Bei dieser Methode spielen Sie stilles Mäuschen. Sie lassen die Testpersonen den Prototypen auf eigene Faust erkunden und sehen zu.
- Exkurs – Testen mit der Lean-Startup-Methode:
Streng genommen ist die Lean-Startup-Methode zwar eher eine Ergänzung zum Design-Thinking-Prozess, aber dennoch ist der zentraler Gedanke „Bauen. Messen. Lernen“ hier sehr passend. Unser Workshop Experte Martin Talmeier erklärt im Video, wie man mit diesem Ansatz ein Produkt nach dem „Minimum Viable Product“ (MVP)-Prinzip Schritt für Schritt an den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer ausrichtet.
Geschafft! Nach dem Testen haben Sie eine Menge Feedback gesammelt. Jetzt ist es wichtig, dieses Feedback zu strukturieren. Eine einfache Methode hierfür ist das Feedback-Grid, das Sie leicht an einem Whiteboard oder Flipchart aufmalen können.
Notieren Sie das gesammelte Feedback auf Klebezetteln und sortieren Sie diese dann mit dem Projektteam in das passende Quadrat ein.
Nun kann das Team die Aussagen der Testerinnen und Tester reflektieren und das Produkt Schritt für Schritt verbessern.
Design Thinking: Ein Prozess ohne Ende?
Nachdem Sie das Feedback eingeholt haben, startet die Phase der Iteration: Überlegen Sie ausgehend vom Feedback, an welcher Stelle Sie erneut in den Design Thinking Prozess einsteigen müssen. Vielleicht haben Sie direkt ins Schwarze getroffen und müssen nur den Prototypen etwas anpassen? Oder Sie haben beim Testen gemerkt, dass Ihr Produkt nicht für die Zielgruppe passend ist? Vielleicht haben Sie bereits bei der Problemeinkreisung ganz am Anfang ein Problem fokussiert, welches gar nicht das dringendste der Zielgruppe ist?
Das sollten Sie keinesfalls als Scheitern werten, denn genau darum geht es im Design Thinking Prozess.
Erst wenn Sie sehen, dass der Prototyp bei Ihrer Zielgruppe gut ankommt, fangen Sie damit an, die Lösung tatsächlich umzusetzen.
Design Thinking Workshops: Von Profis lernen
In unseren Projekten mit Unternehmen steht der Mensch und seine individuellen Anforderungen an eine digitale Lösung im Mittelpunkt. Aus diesem Grund nutzen wir die Methoden des Design Thinkings auch in unseren Workshops und geben regelmäßig kostenfreie Einführungskurse. Geleitet von professionellen Coaches steigen Sie in den Design Thinking Prozess ein und bekommen Hilfe, um die Methode auch in Ihrem Unternehmen einzuführen.zu den kostenfreien Workshops
Warum sind unsere Angebote kostenfrei?
Das Mittelstand-Digital Zentrum Berlin gehört zu Mittelstand-Digital. Mit dem Mittelstand-Digital Netzwerk unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Digitalisierung in kleinen und mittleren Unternehmen und dem Handwerk. Dank der Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sind alle unsere Angebote kostenfrei und anbieterneutral.
Text & Redaktion: Marie Landsberg, Christel Schmuck