Die Nutzung von KI-Sprachmodellen wie ChatGPT ist inzwischen auch in vielen mittelständischen Unternehmen angekommen. Doch der Einsatz US-amerikanischer Systeme wirft datenschutzrechtliche Fragen auf – insbesondere, wenn sensible oder geschäftskritische Informationen verarbeitet werden. Mit OpenGPT-X steht nun ein großes Sprachmodell zur Verfügung, das von europäischen Forschungseinrichtungen entwickelt wurde und strengen EU-Datenschutzstandards entspricht. Dieser Artikel zeigt, was das Modell ausmacht, wie es sich von anderen Systemen unterscheidet und welche konkreten Vorteile es für kleine und mittlere Unternehmen bietet.
Was ist OpenGPT-X?
OpenGPT-X ist ein Projekt unter Federführung der Fraunhofer-Institute IAIS und IIS mit dem Ziel, ein leistungsfähiges, quelloffenes KI-Sprachmodell für Europa zu entwickeln. Das zentrale Ergebnis ist das Modell „Teuken-7B“ mit rund sieben Milliarden Parametern. Anders als viele US-Modelle wurde es von Beginn an auf allen 24 Amtssprachen der EU trainiert. Ein eigens entwickelter multilingualer Tokenizer sorgt dafür, dass auch Sprachen wie Deutsch, Finnisch oder Ungarisch effizient verarbeitet werden können.
Die Architektur basiert auf dem bewährten Transformer-Design. Das Modell wurde auf europäischen Hochleistungsrechnern trainiert und ist über die Plattform Hugging Face frei verfügbar. Es gibt sowohl eine Forschungs- als auch eine kommerzielle Version (Apache 2.0 Lizenz), die sich für den Einsatz in Unternehmen eignet.
Abgrenzung zu anderen Modellen
Im Vergleich zu marktprägenden Sprachmodellen wie GPT-4 (OpenAI), Luminous (Aleph Alpha), Mixtral (Mistral) oder Falcon (TII) zeichnet sich OpenGPT-X vor allem durch folgende Merkmale aus:
- Europäischer Fokus: 50 Prozent der Trainingsdaten stammen aus nicht-englischen Quellen.
- Offene Architektur: Das Modell ist komplett transparent und auditierbar.
- Datensouveränität: Es lässt sich lokal oder in EU-zertifizierten Rechenzentren betreiben.
- Rechtssicherheit: Der Betrieb kann DSGVO- und AI-Act-konform erfolgen.
Während zum Beispiel GPT-4 derzeit noch bessere Ergebnisse liefert, ist es ausschließlich als Cloud-Service verfügbar und intransparent in Bezug auf Trainingsdaten und Modellarchitektur. OpenGPT-X hingegen erlaubt eigene Anpassungen und die sichere Verarbeitung sensibler Daten.
Konkrete Einsatzmöglichkeiten für den Mittelstand
Für Unternehmen bietet OpenGPT-X eine Reihe konkreter Anwendungsfelder.:
Einsatzszenario | Beschreibung & Anforderungen | Konkreter Nutzen | Herausforderungen |
Interner Assistenz-Chatbot | KI beantwortet Mitarbeitenden Fragen zum Firmenwissen (z. B. zu Produkten oder Prozessen). Benötigt: gepflegtes internes Dokumenten- oder Wissensmanagement. | Schneller Informationszugriff, Entlastung von Support/Helpdesk. | Daten aufbereiten; Qualität der Antworten prüfen. |
Automatisierte Textgenerierung | KI erstellt Entwürfe für Berichte, Präsentationen oder Marketingtexte. Erfordert: klare Vorgaben, Beispieldokumente. | Zeitersparnis bei repetitiven Schreibaufgaben; kreative Ideengewinnung. | Fachliche Nachbearbeitung; stilistische Anpassung. |
Multilinguale Kommunikation | Mehrsprachige Generierung (z. B. Übersetzung, Support in EU-Sprachen). | Erschließung neuer Märkte, bessere Kundenbetreuung. | Lokale Anpassung; sprachliche Qualitätskontrolle. |
Kundensupport-Chatbot | Automatisierte Kunden-Interaktion per Text (z. B. FAQ-Chatbot). | 24/7-Service, Entlastung der Hotline. | Integration ins CRM; Monitoring der Antworten. |
Dokumentenzusammenfassung | Komplexe Texte effizient zusammenfassen (z. B. Verträge, Protokolle). | Schnellere Entscheidungsfindung, weniger Leseaufwand. | Erkennung wichtiger Inhalte; domänenspezifische Justierung. |

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Rechtlicher Rahmen: DSGVO und EU AI Act
Ein großer Vorteil für Unternehmen mit hohen Datenschutzanforderungen ist die volle Kontrolle über das Modell. Teuken-7B kann lokal betrieben oder über zertifizierte europäische Cloud-Anbieter wie T-Systems genutzt werden. Das ermöglicht den datenschutzkonformen Einsatz nach DSGVO.
Zugleich bietet OpenGPT-X eine gute Ausgangslage für die Einhaltung des EU AI Acts. Durch die Offenheit des Modells ist es möglich, Trainingsdaten und Entscheidungswege zu dokumentieren – ein Muss für KI-Systeme mit mittlerem oder hohem Risikopotenzial. Unternehmen, die OpenGPT-X einsetzen, können ihre Audit- und Dokumentationspflichten einfacher erfüllen als bei Blackbox-Systemen.

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Von Technik bis Textqualität: Was Unternehmen beachten sollten
Der Einsatz von OpenGPT-X bietet viele Chancen – stellt Unternehmen jedoch auch vor konkrete Herausforderungen:
Technische Komplexität: Der eigenständige Betrieb erfordert geeignete Infrastruktur (z. B. GPU-Server oder Container-Umgebungen) sowie Fachwissen im Umgang mit Open-Source-Modellen. Für viele Unternehmen ohne eigene IT-Abteilung ist das eine Einstiegshürde.
Qualitätssicherung: Sprachmodelle wie OpenGPT-X erzeugen Texte auf Basis statistischer Wahrscheinlichkeiten – nicht auf Grundlage von Faktenwissen. Die generierten Inhalte müssen deshalb kritisch geprüft und kontextbezogen eingeordnet werden.
Anpassungsaufwand: Für branchenspezifische Anwendungen kann eine Feinjustierung des Modells erforderlich sein. Das setzt strukturierte Daten, methodisches Know-how und zusätzliche Entwicklungszeit voraus.
Für den Einstieg empfiehlt sich die Nutzung vorkonfigurierter Plattformdienste – etwa über Telekom-Partnerlösungen oder Cloud-Anbieter mit europäischer Datenhaltung. Diese ermöglichen einen datenschutzkonformen Betrieb ohne aufwändige Eigenentwicklung. Alternativ können kleine und mittlere Unternehmen mit spezialisierten IT-Dienstleistern zusammenarbeiten, um erste Pilotprojekte umzusetzen.
Tipp: Der Einsatz von OpenGPT-X oder anderen KI-Anwendungen gelingt nur mit einem verlässlichen Umsetzungspartner. Doch woran erkennen Unternehmen, ob ein Anbieter nicht nur technisch kompetent, sondern auch datenschutzkonform und mittelstandstauglich arbeitet? Welche Fragen sollten im Erstgespräch geklärt werden – und welche Zertifizierungen geben Orientierung Antworten darauf gibt unser Leitfaden zur Auswahl eines geeigneten KI-Dienstleisters, inklusive Checklisten, Praxisbeispielen und konkreten Entscheidungshilfen.
Einstieg mit Strategie: bewusst, schrittweise, zielorientiert
Ob OpenGPT-X als gehosteter Dienst genutzt oder lokal eingebunden wird – für Unternehmen gibt es kein Patentrezept. Die optimale Lösung hängt von den eigenen Zielen, der Datenlage und den technischen Ressourcen ab. Wichtig ist, eine bewusste Entscheidung zu treffen: Wo reicht ein vorkonfigurierter Zugang? Wo lohnt sich perspektivisch die eigene Entwicklung?
Fertige Plattformdienste ermöglichen einen schnellen, datenschutzkonformen Einstieg. Sie eignen sich besonders, um erste Anwendungsfälle zu testen, Erfahrungen mit Prompting zu sammeln oder Abläufe punktuell zu automatisieren. Wer OpenGPT-X lokal betreiben oder gezielt auf eigene Daten anpassen möchte, profitiert von maximaler Kontrolle – muss aber auch in Infrastruktur, Qualitätssicherung und methodisches Wissen investieren.
Ein gestufter Ansatz kann helfen: zunächst mit fertigen Tools starten, intern Kompetenzen aufbauen und gezielt dort weiterentwickeln, wo es fachlich und strategisch den größten Mehrwert bringt. Wichtig dabei ist: Unternehmen stehen nicht allein vor dieser Entscheidung.
Die KI-Trainer:innen des Mittelstand-Digital Zentrums Berlin unterstützen praxisnah beim Einstieg – in Workshops, Sprechstunden oder direkt vor Ort als Digitalisierungsprojekt. Gemeinsam werden Einsatzpotenziale analysiert, Machbarkeit geprüft und konkrete Schritte geplant – immer orientiert an Ihrem Geschäftsmodell, Ihrer Datenlage und Ihrer Branchenlogik.
Tipp: Wie setzen andere Unternehmen generative KI ein – standardisiert, angepasst oder selbst trainiert? Auf unserer digitale Projekte Plattform finden Sie zahlreiche Umsetzungsbeispiele aus dem Mittelstand. Die Einträge zeigen, wie konkrete Anwendungen funktionieren, welche Herausforderungen gelöst wurden – und welche Learnings sich daraus ableiten lassen.
Nutzen Sie die bestehenden Unterstützungsangebote – und gestalten Sie Ihren Weg zu OpenGPT-X strukturiert, realistisch und mit klarem Nutzen. Entscheidend ist dabei nicht technologische Perfektion, sondern ein sicherer, skalierbarer und wirtschaftlich sinnvoller Einsatz.
OpenGPT-X ist dabei mehr als ein Experiment: Es ist ein leistungsfähiges, quelloffenes Sprachmodell auf europäischer Grundlage – anpassbar, nachvollziehbar und konform mit den europäischen Datenschutzvorgaben. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen, die Wert auf Datenhoheit und Rechtskonformität legen, bietet es eine zukunftsfähige Alternative. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um erste Pilotprojekte zu starten und konkrete Erfahrungen mit generativer KI im eigenen Betrieb zu sammeln.
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Text: Alexander Krug